Auf den Spuren des Kochkästarars

Manchmal läuft’s wie geschmiert – und manchmal steht da einfach Betriebsferien an der Tür. Wochenlang hatten wir uns die Köpfe heißgeredet, um endlich diese eine Tour zu planen: Die Tour zur Kochkäserei. Ein Klassiker, sagen alle. Muss man gemacht haben, sagen auch alle. Und genau deshalb haben wir’s gemacht – fast. Eine Woche vorher dann der Schock: Kochkäserei hat zu. Einziger Gedanke: Nicht euer Ernst. Aber wenn man schon monatelang Termine jongliert, halbe Familien umschichtet und Freundeskreise synchronisiert, dann fährt man halt trotzdem. Nur eben anders. Plan B halt…
Sonntagmorgen, 7:40 Uhr, Bahnhof Heidelberg. Minusgefühle, plus Motivation. Am Start: die Stiefgeschwister Felix und Matthias, Mark und Christian. Vier Bikes, ein Ziel: 83 Kilometer, 2300 Höhenmeter – also das, was andere an einem Wochenende Urlaub nennen.
Felix war schon seit 6:31 Uhr wach, hatte unterwegs noch seinen Bruder Matthias aufgelesen, sodass die Stiefgeschwister komplett waren. Um 7:40 Uhr holten sie Mark und Christian in Heidelberg am Bahnhof ab – und ab da ging’s los. Die ersten zwei Stunden bestanden vor allem aus Kälte, Atemwolken und der verzweifelten Frage, warum wir das eigentlich tun. Zu kalt für Fotos, zu kalt für Sprachnachrichten – die Meute im Livekanal wartete vergeblich auf Updates.
Über den Weißen Stein rollten wir ins Eiterbachtal – der Odenwald zeigte sich von seiner schönsten, aber kältesten Seite. Kurz bevor wir in den Adlersteintrail einstiegen, war’s dann soweit: erste längere Pause, 10 Uhr, Sonne! Endlich auftauen, Banane, belegte Brote, Lachen – und der Einsatz der Style-Polizei: Christian in Affenfarben. Normalerweise Schwarz-Grau-Standard, diesmal farblich eskaliert – gewagt, aber genehmigt.
Dann ging’s rein in den Trail: flowig, wurzlig, traumhaft schön. Vorbei am Kottenberg, vorbei am Geisberg, runter nach Wald-Michelbach – kurz durch, aber schnell wieder raus. Der östlichste Punkt war erreicht, ab jetzt ging’s langsam wieder Richtung Westen.
Über Hartenrod kurbelten wir wieder bergauf, bis zur Tromm, wo wir gegen 11 Uhr die nächste längere Pause einlegten.
Sonne, Aussicht, Rig-&-Rider-Fotos, alles da. Dann die Belohnung: eine feine Trailabfahrt über den Lerchenberg runter nach Lörzenbach.




Und dort – na klar – hätte eigentlich die Odenwälder Kochkäserei gewartet. Hätte. Weil: Betriebsferien. Also Planänderung – und was für eine. Capriccio, Pizzeria in Lörzenbach (oder Fürth, je nachdem, wen man fragt). Christian rein, freundlich gefragt: „Habt ihr vielleicht noch einen Tisch?“ Antwort: „Nee. Alles voll. Gleich wird’s Horror.“ Der Laden: leer. Wir: verwirrt.
Also draußen Platz genommen – an der Grenze zwischen frisch und frostig. Und dann verstanden wir, was sie meinten: Punkt zwölf öffnete sich die Tür, und ein ganzer Odenwald an Sonntagsgästen ergoss sich in die Pizzeria. Familienfeiern, Kindergeburtstage, komplette Dorfsippen. Die Hölle auf Reservierungsbasis.
Aber das Essen? Phänomenal. Pinsa, Pizza, Spaghetti mit Meeresfrüchten, dazu alles, was die Kaltgetränkekarte hergibt. Top Qualität, schnelle Küche, Preise fair – wir waren im Glück. Kochkäserei hin oder her: Das Capriccio hat geliefert.


Nach dem Mittag warteten noch gut 20 Kilometer. Zuerst über Waldautobahnen mit ein paar netten Trailabschnitten, dann ein Stück Nibelungensteig, durchs Schannenbacher Moor und hoch zum Knodener Kopf. Oben: Aussicht deluxe – der Melibokus schon in Sichtweite.
Von dort ging’s über flowige Pfade runter nach Elmshausen, dann nochmal hinauf zum Fürstenlager, wo wir den letzten kulinarischen Pflichtstopp einlegten: das legendäre Dorfcafé. Home of the DIMB – also quasi das Wohnzimmer aller Odenwald-Biker. Kuchen: saftig. Kaffee: stark. Stimmung: goldrichtig.
Und dann kam er: der finale Anstieg. Nochmal 400 Höhenmeter über Trails hoch zum Melibokus, zäh, steil, aber wunderschön. Oben kurz durchgeatmet – dann der letzte Downhill: technisch, spitzkehrenreich, typisch Melibokus. Ein würdiger Abschluss. Finale mit Muskelkater und Mission erfüllt.

17:30 Uhr. Bahnhof Hähnlein-Alsbach. Die Sonne tief, die Speicher leer, die Stimmung groß. Felix rollte mit der Bahn Richtung Norden nach Langen, Mark und Christian mit der Bahn Richtung Süden nach Heidelberg – und Matthias? Der fuhr einfach mit dem Rad weiter nach Weinheim. Weil’s geht.
Fazit: Kälte, Kulinarik und kein Kochkäs. Am Ende war’s genau das, was man sich von so einem Tag erhofft: Kalte Finger, warme Herzen, gute Trails und beste Gesellschaft. Die Kochkäserei bleibt auf der Bucket-List, aber Capriccio und Dorfcafé haben sich ihren Platz in der Odenwald-Hall of Fame redlich verdient.
Odenwald, wir kommen wieder – vielleicht mit weniger Frost, vielleicht mit mehr Käse, aber garantiert mit derselben Portion Glück im Gepäck.